Fehlende CE-Kennzeichnung ein Mangel?
Ist ein Bauprodukt von einer harmonisierten (europäischen) Norm erfasst, so hat der Hersteller dafür eine Leistungserklärung zu erstellen. Damit übernimmt der Hersteller des Bauprodukts die Verantwortung für dessen Konformität und der erklärten Leistungen. Nach der Bauproduktenverordnung (ABI. (EU) Nr. 305/2011) besteht eine Pflicht des Herstellers von Bauprodukten, die unter eine harmonisierte Norm fallen, diese mit dem CE-Kennzeichen zu versehen und das „CE“ zum äußeren Zeichen der Konformität des Bauprodukts aufzubringen.
Beispiele für erfasste Bauprodukte:
– Fenster und Außentüren:
Die ÖNORM B 5320:2017 (Einbau von Fenstern und Türen in Wände, Planung und Ausführung des Baus und des Fenster-/Türanschlusses) verweist in Punkt 4.8. darauf, dass die Fenster und Außentüren gemäß Bauprodukten-VO, sofern keine Ausnahmebestimmungen vorliegen, eine CE-Kennzeichnung aufweisen müssen.
– Außenwand-Wärmedämm-Verbundsysteme (ÖNORM B 6400-1:2017):
Punkt 4.2. bestimmt hinsichtlich der Systembestandteile: Es sind ausschließlich CE-gekennzeichnete WDVS mit Europäisch Technischen Zulassungen bzw. Europäisch Technischen Bewertungen und zugehörigen Leistungserklärung gemäß den Anforderungen der Baustoffliste ÖE zu planen und einzubauen.
Ungeachtet einer in einschlägigen Normen enthaltenen Verpflichtung zur CE-Kennzeichnung ist aber nicht zwingend davon auszugehen, dass diese CE-Kennzeichnung eine Aussage über die Qualität des Produkts enthält. Vielmehr wird durch eine CE-Kennzeichnung lediglich das Vorliegen einer Leistungserklärung des Herstellers bestätigt, also aufgezeigt, dass das Produkt der dazu erstellten Leistungserklärung mit darin definierten Anforderungen entspricht.
Selbst wenn ein Bauprodukt (zB ein Fenster, eine Außentüre oder ein Bestandteil eines Wärmdämmverbundsystems) entgegen dieser (in der technischen Norm enthaltenen, meines Erachtens von der Bauprodukten-VO nicht „gedeckten“) Verpflichtung nicht mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist, bewirkt dies dennoch (noch) keinen Mangel. Nach Rechtsprechung des OGH (7 Ob 43/23h) wäre ein sonst (technisch) mangelfreies Bauprodukt ohne CE-Kennzeichnung nur dann als mangelhaft anzusehen, wenn die CE-Kennzeichnung ausdrücklich vereinbart wurde. Wird aber „nur“ die Geltung und Ausführung des Werks unter Beachtung der (einschlägigen technischen und rechtlichen) ÖNROMEN vereinbart, wie dies in Bauwerkverträgen nicht unüblich ist, bedeutet dies aber noch nicht, dass damit alle Normbestimmungen (wie eine Regelung betreffend die verpflichtende CE-Kennzeichnung von Fenstern, Außentüren und/oder Systembestandteilen eines Wärmedämmverbundsystems) von den Parteien tatsächlich zur Vertragsgrundlage gemacht werden sollten. Haben die Vertragsparteien derartige Bestimmungen nicht benannt oder gar ausdrücklich vereinbart, dass nur Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung verbaut werden dürfen, wird die CE-Kennzeichnung nicht geschuldet (weil dies nicht als ausdrücklich bedungene Eigenschaft definiert wurde). Eine fehlende CE-Kennzeichnung führt somit nicht zwingend zu einer mangelhaften Leistungserbringung; dies selbst dann nicht, wenn eine „Ausführung nach dem Stand der Technik“ oder „unter Beachtung der einschlägigen ÖNORMEN“ vereinbart wurde.