Fehlende Gewerbeberechtigung führt zur Vertragsaufhebung
Trau, schau, wem – Augen auf bei der Wahl des Vertragspartners
Werden bei einem Bau (oder einer sonstigen gewerblichen Tätigkeit) vom ausführenden Unternehmen Leistungen erbracht, die nicht von deren Gewerbeberechtigung umfasst sind, kann dies zur (nachträglichen) Aufhebung des abgeschlossenen Vertrags führen.
Ein Bauunternehmen wurde von einem Bauherrn mit der Herstellung eines Kunststeinbodens beauftragt. Für diese Tätigkeit ist die Gewerbeberechtigung „Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeugung und Terrazzomacher“ bzw. „Bodenleger“ erforderlich. Das Bauunternehmen verfügte (nur) über die Gewerbeberechtigung „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Ausführung und Abbruch von Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten“.
Aufgrund von Mängeln kam es zum Gerichtsprozess. Neben Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen wurde vom Bauherrn auch der Irrtum über die Qualifikation des ausführenden Unternehmens eingewendet. Eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung führt zur Aufhebung des Vertrages mit Wirkung ex tunc; der Vertrag wird also so behandelt, als hätte es ihn von Anfang an nie gegeben. Wurden die Leistungen bereits erbracht, erlischt der (Zahlungs-)Anspruch des Anfechtungsgegners gegen den Irrenden.
Nach § 99 GewO darf ein (ausführender) Baumeister im Rahmen seiner Bauführung als „Nebenumfang seiner Gewerbeberechtigung“ (§ 32 GewO) zwar auch Kunststein- oder Terrazzoböden herstellen. Wird der Baugewerbetreibende aber nur oder überwiegend mit der Herstellung und Verlegung eines derartigen Bodens samt Estrich und Dämmung beauftragt und stellt diese Leistung somit das Hauptelement des Werkvertrags dar, fehlt aber die Berechtigung zur Erbringung dieser Leistung.
Ist der übernommene Auftrag nicht von der Gewerbeberechtigung des ausführenden Unternehmens gedeckt und irrt der Auftraggeber darüber, so ist der abgeschlossene Werkvertrag nichtig und kann (nachträglich) angefochten werden.
Unsere Kanzlei ist auf Baurecht spezialisiert.